Aus „Die Glocke“ 02.12.2022
Freckenhorst (bjo). 75 Jahre besteht das Nikolaus-Collegium der Stiftsstadt Freckenhorst in diesem Jahr. Ihr Jubiläum wollen die Nikolause besonders mit denen feiern, die seit einem dreiviertel Jahrhundert im Mittelpunkt der Aktivitäten stehen: den Kindern.
Deshalb wird sich in der Nikolaus-Tüte, die die 35 Nikolause und Ruprechte am Abend des 5. Dezember bei den Besuchen in den Familien überreichen werden, auch eine besondere Überraschung finden. Was genau das ist, verrät Nikolaus-Primas Richard Poppenborg im Vorfeld der Besuche nicht. Allerdings freut er sich genau wie die übrigen Vereinsmitglieder darauf, den Nikolaus nach zweijähriger Corona-Zwangspause zusammen mit möglichst vielen Kinder in Freckenhorst zu begrüßen. Der Nikolaus-Empfang beginnt in diesem Jahr um 15 Uhr an der von Boeselagerschen Kurie auf dem Kirchplatz. Anschließend werden Nikolaus und Ruprecht mit der Kutsche über Westkirchener Straße, Nordfeld, Zur Hauptschule, Buddenbaumstraße, Peter-Stoffels-Straße, Berliner Straße, Ahmerkamp und Kleistraße durch die Nachbargemeinschaften Klüngelend und Spille fahren. Ab 16.30 Uhr beginnen dann die Besuche in den Familien. 607 Freckenhorster Kinder im Alter zwischen zwei und acht Jahren sowie einige Geschwisterkinder dürfen sich auf den Besuch des Nikolauses freuen. Gastkinder von außerhalb Freckenhorsts stehen in diesem Jahr nicht auf der Besuchsliste. „Wir müssen erst einmal wieder laufen lernen“, begründet Primas Richard Poppenborg diese Entscheidung. Nichtsdestotrotz freue man sich ungemein darüber, dass die Nikolausbesuche in den Freckenhorster Familien wieder möglich sein werden. „Die Wintersynode mit der Diözesenvergabe war stark besucht“, sagt Poppenborg. Man habe alle Diözesen besetzen können – auch weil einige Nikolause aus der Familienpause in den aktiven Dienst zurückgekehrt sind und so mancher Ruprecht in diesem Jahr zum ersten Mal im Einsatz sein wird.
„Das Nikolaus-Brauchtum lebt in Freckenhorst“, freut sich der Primas schon auf den Nikolausabend und die Besuche bei den Kindern. Finanziert werden können die Nikolaus-Tüten übrigens aus den Erträgen der Nikolaus-Stiftung. Deren Kapitalstock auszubauen und das Nikolaus-Brauchtum in Freckenhorst damit auch zukünftig auf ein finanziell sicheres Fundament zu stellen, bleibt eine der Zukunftsaufgaben, weiß Nikolaus-Patriarch August Weiser. „Das ehrenamtliche Engagement ist da“, ist auch der altgediente Nikolaus stolz darauf, dass das Collegium die zweijährige Zwangspause unbeschadet überstanden hat.
Geheimer Rat: „Man spürt die Herzlichkeit der Kinder“
Freckenhorst (bjo). Das 75-jährige Bestehen des Nikolaus-Collegiums, das 1947 vom damaligen Freckenhorster Vikar und späteren Bischof von Münster, Heinrich Tenhumberg, ins Leben gerufen worden war, eignet sich natürlich auch zu einem Blick in die Geschichte. „Früher war vieles anders“, weiß Geheimer Rat August Weiser, der schon seit über fünf Jahrzehnten den Nikolaus bei Besuchen in Freckenhorster Familien verkörpert. Hauptsächlich Obst und selbstgebackene Plätzchen seien in den Anfangsjahren in den Nikolaustüten gewesen, erinnert er sich. Mitunter seien gerade die Neubürger der Stiftsstadt auch vom Nikolausbesuch überrascht worden, denkt Weiser an Situationen, bei denen auch die Eltern der zu besuchenden Kinder schon im Schlafanzug angetroffen wurden. Heute seien die Nikolausbesuche manchmal fast ein kleines Weihnachtsfest – gerade dann, wenn nicht vor Ort lebende Verwandte eigens dazu nach Freckenhorst kämen und Geschenke für die Kinder mitbrächten, die der Nikolaus dann überreiche.
Eines aber habe sich in all den Jahren nicht verändert, hat August Weiser beobachtet: „Man bekommt die Herzlichkeit der Kinder zu spüren.“ Deshalb sei auch die Vorbereitung auf die Besuche in den Familien wichtig. „Wenn ich als Nikolaus losgehe, bin ich der Nikolaus“, weiß August Weiser. Einfach die Mitra aufzusetzen und loszutigern, reiche nicht, ist der Geheime Rat des Nikolaus-Collegiums überzeugt. Auch deshalb sind Blitz-Karrieren wie seine heute im Collegium nicht mehr möglich. „Ich bin ein Jahr als Ruprecht unterwegs gewesen und dann schon als Nikolaus“, blickt August Weiser zurück. Heute kann man mit 16 als Ruprecht starten und frühestens drei Jahre später Nikolaus werden.
Ehrenamtliches Engagement reicht über Generationen
Freckenhorst (bjo). Der Einstieg ins Nikolausbrauchtum ist aber auch noch viel später möglich. Das zeigt das Beispiel von Thomas Helmer. Der dreifache Vater wird nach Jahren als Nikolaus-Fahrer in diesem Jahr erstmals als Ruprecht unterwegs sein. „Ich möchte etwas zurückgeben“, nennt er seine Motivation, das Brauchtum ehrenamtlich zu unterstützen. Er freut sich schon darauf, die Reaktionen der Kinder und Familien auf den Besuch von Nikolaus und Ruprecht nicht nur in Erzählungen, sondern hautnah zu erleben.
Erfahrungen, die sein Schwiegersohn Jascha Stammkötter schon gesammelt hat. In diesem Jahr wird er zum ersten Mal als Nikolaus unterwegs sein. „Ich bin schon nervös“, bekennt der Neu-Nikolaus und weiß darum, jetzt erstmals für die Gestaltung der Nikolaus-Besuche in den Familien verantwortlich und nicht mehr nur stiller Beobachter zu sein. Eine Nervosität, die sich legen wird. „Jeder Nikolaus ist am Nikolaus-Abend nervös“, weiß der stellvertretende Collegiums-Geschäftsführer Stefan Altefrohne. Und Primas Richard Poppenborg weiß von ganz unterschiedlichen Ritualen zu berichten, mit denen sich die Nikolause beim Umziehen im Stiftshof Dühlmann auf die Besuche in den Familien vorbereiten.
Bei aller Tradition, die das Nikolaus-Brauchtum und das Nikolaus-Collegium in der Stiftsstadt haben, verschließen die Verantwortlichen nicht die Augen vor der Zukunft. „Nachwuchsgewinnung ist wichtig“, freuen sich alle unisono darüber, dass auch in diesem Jahr einige Ruprechte zum ersten Mal mit von der Partie sein werden. Als Ruprechte sind selbstverständlich auch Frauen willkommen, lediglich die Nikolaus-Rolle bleibt den Männern vorbehalten.
Und das aus gutem Grund. „Mit Maria Stammkötter, der Oma von Jascha, gab es mal einen weiblichen Nikolaus“, erzählt August Weiser. Die leidenschaftliche Theaterspielerin sei kurzfristig eingesprungen, als eine Diözese unbesetzt zu bleiben drohte. Eine Erfahrung, auf die Maria Stammkötter im Nachhinein trotz allem schauspielerischen Talent gerne verzichtet hätte. „Kein Kind hat mir abgenommen, dass ich ein Mann bin“, hatte sie August Weiser nach der Rückkehr in den Stiftshof berichtet und versichert: „Nie wieder!“
Prächtige Fahne neu gestaltet
Freckenhorst (bjo). Veränderungen hat es im Nikolaus-Brauchtum in Freckenhorst schon immer gegeben und wird es auch zukünftig geben. Manchmal sind das nur Kleinigkeiten, wie Nikolaus-Kardinal Rüdiger Braun mit Blick auf die vor wenigen Jahren anschaffte Vortragefahne des Nikolaus-Collegiums verdeutlicht.
Die prächtige Fahne ziert neben der Silhouette der Stiftskirche das Wappen des Collegiums ebenso wie die Namen der Freckenhorster Nachbargemeinschaften. Allerdings hat sich das Negerdorf mittlerweile in Weberdorf umbenannt und das Collegium so vor Herausforderungen gestellt. Die Fahne ändern? Nach Rücksprache mit Designer Roman Skarabis und dem Fahnenhersteller haben sich die Verantwortlichen dazu entschlossen. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Auf der Fahne, die auch beim Nikolaus-Empfang am Montag um 15 Uhr auf dem Kirchplatz zu sehen sein soll, ist jetzt Weberdorf zu lesen. „Das ist gut gelungen“, freut sich Rüdiger Braun über das Ergebnis.
Neu für die Fahne ist auch das Freckenhorster Kreuz aus geschmiedetem Messing als Spitze der Tragestange. Ebenfalls neu wird in diesem Jahr das Erscheinungsbild des Ruprechts sein. Von der schwarzen Theaterschminke für den Helfer des Nikolauses hat sich das Collegium verabschiedet und kehrt zurück zu leichtem Ruß, wie es auch in früheren Jahren schon einmal üblich gewesen ist.